Alles kann, nichts muss – die andere Sexparty
Wenn du an eine Sexparty denkst, dann hast du wahrscheinlich sofort eine Art „Gelage“ vor Augen, einen wilden, ekstatischen Mix aus nackten Menschen, die bei dröhnenden Bässen und unter zuckenden Lichtern alle miteinander Sex haben. So kann, muss es aber nicht ablaufen. Die klassischen Sexpartys sind tatsächlich vor allem auf das Eine ausgelegt. Hier geht es nicht um Begegnung, um kuscheln oder das verspielte Ausleben eigener, kreativer Spielarten. Zu einer Sexparty geht man, weil man Sex haben will. Ganz einfach und für jeden zu begreifen. Und genau deshalb auch nicht für jede Person das Richtige.
Zu einseitig, zu überdeutlich auf den reinen Akt reduziert, zu unpersönlich sind solche Veranstaltungen vielen sexpositiven Menschen. Sie wünschen sich eher einen Ort, wo sie sich frei fühlen können, sie selbst zu sein und alles zu können, ohne Druck zu verspüren. Wo es um das gemeinsame Feiern in sicherem Umfeld geht, in dem sich jeder ausleben kann, ohne die Grenzen der anderen Gäste zu überschreiten. Man kann auch einfach nur zum Tanzen und Zuschauen kommen, kann knutschen und rummachen oder eben bis zum Äußersten gehen.
Der Kerngedanke ist vor allem, dass jeder willkommen ist, egal welches Geschlecht, welche Sexualität und welche Vorlieben er oder sie mitbringt. Niemand muss sich festlegen lassen oder Erwartungen anderer oder vorgegebenen Themen oder Mottos entsprechen.
Eine freie Einstellung zum Sex
Aber geht es bei der Sexpositive Party dann überhaupt noch um tatsächlichen Sex? Ganz klar ja, aber eben nicht nur. Es geht um alles, was mit Sex in Zusammenhang steht. Es kommen Menschen in Fetisch-Outfit oder komplett nackt, man kann verrückte Kostüme tragen, als Paar, als Single oder als Gruppe unterwegs sein. Bunt gemischt sind auch die Vorlieben und sexuellen Identitäten. So finden sich schwule, lesbische, bisexuelle, queere und transsexuelle Menschen zusammen. Es sind polyamore Beziehungen dabei, ebenso wie Fans von Gruppensex oder generell sexuell offene Menschen, die einfach alles mal ausprobieren wollen.
Dieser Pool aus offen gelebter und gezeigter Sexualität sorgt für endlose Möglichkeiten und vor allem ganz viel Spaß. Eine offene und lockere Einstellung wird natürlich vorausgesetzt. Und das klare Kommunizieren der eigenen Grenzen. Aber auch hier gilt: Alles kann und nichts muss. Der perfekte Rahmen also, um die eigenen Grenzen vielleicht auch mal auszutesten und zu erweitern.
Sexpositive Party vs. Swingerclub
Manchem stellt man sich jetzt die Frage, ob man denn mit diesen Wünschen und Interessen nicht einfach in einen Swingerclub gehen kann. Schließlich hat dieser öfter geöffnet, ist an einem festen Ort zu finden und das Konzept erscheint vielleicht irgendwie klarer: Man geht alleine oder als Paar hin, um andere Menschen oder Paare für sexuelle Kontakte oder Partnertausch zu treffen.
Bei einer Sexpositive Party geht es aber eben nicht darum, einfach nur einen Austausch von Sexpartnern zu erreichen oder Zuschauer für den eigenen Akt zu finden. Vielmehr geht es darum, eine bunt gemischte Menschengruppe zu bilden, die der sexuellen Entwicklung Freiraum ermöglicht und einen Ort erschafft, an dem für einen Abend alles möglich ist. Es soll ein Raum zum Experimentieren sein, um sich frei und selbstbewusst zu zeigen und selbst über die eigenen sexuellen Grenzen hinauszuwachsen. Das kann äußerlich durch Selbstinszenierung oder sexuelle Kontakte geschehen, aber auch einfach innerlich durch die Erlebnisse des Abends.
Wer zu einer Sexpositive Party geht, setzt damit auch ein deutliches Statement. Gegen Schubladendenken, gegen Verklemmtheit und gegen das Abgrenzen sexueller Gruppen. Und ebenso ein Statement für die Freiheit und Schönheit aller Körper und den Respekt für alle individuellen Bedürfnisse und Wünsche.
Regeln, Dresscode und Sicherheit
Damit die Party wirklich für alle zum Spaß wird, muss natürlich jeder auf den anderen Rücksicht nehmen. Auch wer sich frei fühlen und ausleben will, kann das tun, ohne andere Gäste damit zu belästigen. Daher ist die erste und wichtigste Regel, dass niemand angefasst wird, ohne vorher ausdrücklich gefragt worden zu sein und deutlich „Ja“ dazu gesagt zu haben.
Konsens ist genauso wichtig bei jeder sexuellen Handlung, das sollte klar sein. Dass es aber zum Beispiel schon eine sexuelle Handlung ist, anderen Gästen beim Herummachen zuzusehen und dabei zu masturbieren, ist nicht jedem klar. Damit du dich nicht unbeliebt machst, solltest du also besser einmal zu viel als einmal zu wenig fragen, ob dein Verhalten gerade für alle Beteiligten OK ist.
Wer unangenehm auffällt oder andere Gäste gar belästigt, fliegt nämlich sofort und ohne Diskussion raus. Dafür sorgen die Mitarbeiter des sogenannten Awareness-Teams. Das sind Helfer, die mit deutlich erkennbaren Shirts überall zu finden sind. Sie achten darauf, dass niemand sich unwohl fühlen muss oder sogar zum Opfer der sexuellen Freiheit anderer Gäste wird.
Auch wenn ungezügelt geknutscht, gefummelt und herumgemacht werden darf, solltest du dich zum tatsächlichen sexuellen Kontakt aber besser in einen Dark Room zurückziehen. Das ist nicht bei allen Veranstaltungen Pflicht und je später die Stunde, desto lockerer wird es auch meist.
Damit die richtigen Gäste zusammenkommen, wird bereits an der Tür eine Auswahl getroffen, die den Türstehern sinnvoll und sicher erscheint. Dabei geht es vor allem um Diversität (also eine gute Mischung, bei der für jeden was dabei ist). Aber auch darum, dass jeder weiß, worauf er sich einlässt. Dafür werden zum Beispiel beim Einlass auch gerne Fragen zur eigenen Einstellung gestellt.
Damit du ins Bild passt, sind extreme Outfits natürlich gern gesehen. Hier ist von Lack, Leder, Latex und Glitzer alles geboten und du kannst dich mal richtig austoben und entspannt ausprobieren. Und damit sich wirklich jeder sicher und frei in seinem Auftreten fühlen kann, werden Handys für die Dauer der Feier entweder ganz abgenommen oder zumindest die Kamera abgeklebt.
Das sind die besten Sexpositive Partys
Wenn du darüber nachdenkst, dass solch eine Party für dich genau das Richtige wäre, dann gibt es zurzeit vor allem in Berlin mehrere Möglichkeiten. Die Veranstaltungen finden zwischen einmal im Monat und viermal im Jahr statt. Sogar in Wien gibt es inzwischen schon einen ersten Veranstalter, der jedoch in wechselnden Locations seine Party veranstaltet. Genauere Informationen und Termine der einzelnen Partys findest du im Internet auf den Homepages oder Facebook-Seiten.
Die bekannten Sexpositive Party Veranstalter sind:
– „Gegen“ im KitKat Club
– „House of the red doors“ im Salon zur wilden Renate
– „Apokalipstick“ im KitKat Club
– „Porn – by Pornceptual“ in der Alten Münze
– „Poly/Motion“ im aboutblank
– „Hausgemacht-Kollektiv“ in Wien
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