Behinderung und Sex
Egal ob körperliche oder geistige Behinderung, das Thema Sex rückt dabei für viele Menschen weit in den Hintergrund. Dass ein behinderter Mann noch andere Bedürfnisse hat als Versorgung und Pflege, ist ein Tabuthema. Dabei sollte das eigentlich logisch sein, denn nur die wenigsten Behinderungen beeinträchtigen den Sexualtrieb. Wer jedoch eingeschränkt ist, sei es in Bewegungsfreiheit oder Ausdrucksfähigkeit, ist oft ausgeliefert. Das Ausleben sexueller Bedürfnisse ist dann davon abhängig, wie viel und von wem Hilfe zu erwarten ist – und davon, mit wem und wo Sexualität überhaupt möglich ist.
Wer keine Partnerschaft lebt, dem bleibt jedoch immer der Besuch einer speziellen Prostituierten. Das mag unromantisch klingen und für viele Männer eine große Schwelle darstellen. Denn Sex mit einer Behinderung ist nicht so einfach und läuft nicht so routiniert ab, wie es Damen aus dem Sexgewerbe gewohnt sind. Das im Hinterkopf, trauen sich viele behinderte Männer nicht, in einem Bordell auch nur nachzufragen, ob ihre Bedürfnisse und Wünsche erfüllt werden können. Oft wissen sie ja nicht einmal selbst, wie und in welcher Form sie ihre Sexualität ausleben können. Das herauszufinden ist eine aufregende, aber auch nicht ganz einfache Reise.
Bedürfnisse kennen und äußern
Je nach Einschränkung kann es sein, dass man nicht (mehr) weiß, wie weit es beim Sex gehen kann. Aber Sex ist schließlich nicht nur der reine Geschlechtsverkehr. Körperliche Nähe, Berührungen, Hautkontakt – all das gehört dazu und ist meist auch das, was die Betroffenen am schmerzlichsten vermissen. Wenn es zu Erektionen kommt und das Bedürfnis nach Erleichterung und Vereinigung da ist, will dieses aber genauso befriedigt werden.
Wenn körperliche Behinderungen bestehen, die den Mann vom eigenen Experimentieren abhalten, ist der Bedarf nach Hilfe von außen besonders hoch. Aber auch geistige Behinderungen können den Umgang mit dem eigenen Körper und dessen Möglichkeiten verhindern. Durch sensibles Thematisieren und Erfragen lassen sich aber die persönlichen Bedürfnisse einkreisen.
Vor allem sollten auch behinderte Männer sich bewusst machen, dass es nicht peinlich oder tabu ist, Sexualität zu brauchen und einzufordern. Sich dieses Bedürfnis selbst zu verbieten oder zu unterdrücken, ist frustrierend und stellt eine zusätzliche (unnötige) Behinderung des eigenen Lebens dar. Jeder Mensch darf und sollte seine Sexualität leben, so weit es ihm möglich ist. Sie ist ein ganz natürlicher Teil des Menschseins und sollte für niemanden ein Tabuthema sein, vor allem dann nicht, wenn das eigene Leben schon einschränkend genug ist.
Ausgebildete Prostituierte
Nicht jede beliebige Prostituierte hat die nötige Erfahrung oder das so wichtige Feingefühl, um sich auf behinderte Kunden einzustellen. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass ein behinderter Mann keine Auswahl hat. In vielen größeren Bordellen gibt es mittlerweile Frauen, die sich spezialisiert haben auf den Umgang mit Behinderungen verschiedenster Arten. Daher lohnt es sich, überall nachzufragen, welche Prostituierten bereits behinderte Kunden hatten und ob sie entsprechende Fortbildungen besucht haben. Diese werden nämlich durchaus angeboten und schulen die Frauen im Umgang mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen. Es wird dabei auch vermittelt, wie die Kommunikation am besten klappt und die Prostituierten beschäftigen sich mit ihrer eignen Einstellung zu diversen Behinderungen. Daraus folgt, dass sie weniger oder keine Berührungsängste haben, den Kunden gegenüber locker sind und sich auf ihn einlassen können. Das hilft behinderten Männern dabei, sich fallenzulassen und darauf zu vertrauen, dass die Prostituierte nicht schockiert oder verunsichert ist.
Besonders erfahrene und ausgebildete Frauen oder Männer im Sexgewerbe sind auch unter dem Begriff „Sexualassistent/in“ zu finden. Dieser Begriff umfasst alle möglichen „Dienstleistungen“ von Streicheln, Massagen, Küssen, bis hin zur Masturbation oder dem Geschlechtsverkehr. Da die Leistungen und Spezialgebiete so umfangreich und verschieden sind, sollte man am besten immer ganz direkt und ungezwungen nachfragen.
Aber auch ohne eine Fortbildung oder Ausbildung ist es möglich, dass sich Frauen im Sexgewerbe mit bestimmten Behinderungen auskennen und erfahren darin sind. Deren Kenntnis stammt dann einfach aus der Erfahrung und Übung und wahrscheinlich bringen diese Frauen außerdem eine große Portion Feingefühl, Menschenkenntnis und Lockerheit mit. Wenn man also nicht in eine Großstadt reisen kann oder will, findet sich vielleicht sogar in kleineren Bordellen eine Dame, die sich auf behinderte Kunden einlassen kann und möchte.
Barrierefreiheit in Bordellen
Ein ganz anderer, ebenso wichtiger Punkt, vor allem bei körperlichen Behinderungen, ist die Zugänglichkeit von Bordellen. Mit etwas Glück finden sich erfahrene Prostituierte, die auch Hausbesuche machen. Das ist jedoch eher selten und dann muss der Besuch im Bordell organisiert werden. Nicht jedes Etablissement verfügt über barrierefreie Räume, bei vielen scheitert es bereits im Eingangsbereich, wenn man mit einem Rollstuhl ankommt. Nur sehr wenige Bordelle, etwa in Berlin, haben einen Bereich oder eine Etage komplett auf Barrierefreiheit umgestellt und zum Beispiel sogar einen Kran für die Wanne installiert.
Wer mit Einschränkungen ein Bordell aufsuchen möchte, sollte vorab einen Freund bitten, die Räumlichkeiten zu besichtigen, damit der Weg dorthin nicht umsonst war. Alternativ lässt sich auch telefonisch erfragen, ob das gewünschte Bordell mit der jeweiligen Einschränkung zugänglich ist. Auf besondere Angebote wie etwa den Whirlpool muss jedoch meistens verzichtet werden.
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